Anders sein – Auf den Wegen einer nachhaltigen Kultur
Diplomarbeit Kommunikationsdesign : Buchprojekt
Meine Diplomarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign. Ein halbes Jahr Zeit um eine gestalterische Arbeit eigenständig zu produzieren. Viel Zeit sich mit einem Thema zu befassen. Mein Thema nannte ich „nachhaltige Lebensformen“ und habe ein Buch von 240 Seiten gemacht. Ich habe es „gemacht“. Nicht geschrieben. Der Inhalt, das ist nicht meine Geschichte. Es sind Geschichten der Menschen die mir begegnet sind und die ich mit der Kamera in ihrem Alltag begleitet habe. Meine Reise führte mich Kreuz und Quer durch Deutschland. Ich besuchte einen Wagenplatz in Osnabrück, ein Permakultur-Projekt im Allgäu, das Ökodorf Sieben Linden in der Altmark und einer Kommune in Kassel. Unterwegs, traf ich den Architekten Marcel Kalberer in Auerstedt bei Weimar, wurde über Nacht zum Mitveranstalter des Auerword Festivals in Auerstedt und machte ein weiteres Kapitel über Eckart und seine Solar Bühne. Sogar an einem Workshop zum Jurtenbau habe ich teilgenommen und ein Kapitel Claudius Kern dem Jurtenbauer gewidmet. Ich habe viel erlebt, aber vor allem viel gelernt.
Aufgaben
- Konzeption
- Organisation
- Fotografie
- Layout
- Produktion
Bei einem solchen Projekt steht am Anfang natürlich immer die Themenfindung. Ich habe zunächst versucht etwas möglichst Spektakuläres zu machen; vielleicht um zu beeindrucken, vielleicht um mich in die Tradition der journalistischen Reportage zu stellen. Für mich wäre eine solche Reportage mit dem Thema des Bürgerkrieges in Sri Lanka oder einem Kinderkrankenhaus im Kongo möglich gewesen. So spannend und wichtig diese Projekte definitiv sein mögen, beziehen sie sich im Grunde immer auf das Leid der Menschen in unserer Welt, auch wenn sie es tun indem sie sich mit großartigen Projekten und viel Engagement dem entgegenstellen.
Es ging mir um ein globales Denken, also um die größere Zusammenhänge und ein grundsätzliches Infragestellen des vorherrschenden Systems, das dieses Leid wahrscheinlich überhaupt erst entstehen lässt, oder es zumindest nicht schafft es in den Griff zu bekommen.
Mit diesem Projekt wollte ich an etwas grundlegend Positivem arbeiten: an einem Thema, das dem Leben zugewandt ist, konkrete Ansätze zur direkten und nachhaltigen Verbesserung bietet und mich nicht nur persönlich betrifft, sondern auch anderen die Möglichkeit bietet selber verstehen und handeln zu können. Ganz nach dem Prinzip „Think global, act local!“ bin ich dann auch hier in Deutschland geblieben.
Damit wollte ich zeigen, dass es genau hier, direkt vor unsere Haustür solche Projekte und Alternativen gibt, das es auch anders gehen kann und funktioniert. Niemals hätte ich mir vorher vorstellen können, wie viele Menschen sich bereits Gedanken gemacht, Projekte gegründet oder Gemeinschaften gebildet haben. Menschen, die genau dieses Leben bewusst gewählt haben und schon zum Teil seit über zwanzig Jahren Erfahrungen gesammelt haben.
Ein ganz zentraler Aspekt dieses Themas ist die sukzessive Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen und Abhängigkeitsverhältnissen. Unser Staats- und Wirtschaftssystem ist grundsätzlich auf Wachstum ausgelegt, was eine permanente Verbesserung des Lebensstandards herbeiführen soll. Mit steigendem Lebensstandard erhöhen sich gleichzeitig auch unsere materiellen Ansprüche und Erwartungen, die wiederum von der Werbung und den Medien erzeugt und von der Wirtschaft bedient werden.
Je höher dann der Lebensstandard, umso höher auch der Aufwand um diesen zu halten bzw. zu erhöhen. Je höher die Ansprüche und Erwartungen, umso schwerer sind diese dann zu erfüllen.
Es wäre utopisch zu behaupten, man könne sich diesen Abhängigkeiten komplett entziehen. Dennoch haben Menschen Wege und Mittel gefunden, Abhängigkeiten zu reduzieren oder sich teilweise davon zu befreien.
Möglichkeiten dazu bietet beispielsweise das Streben nach Autarkie und Selbstversorgung. Sich also bewusst zu reduzieren und auf Luxus zu verzichten.
So kam ich anfangs auf die romantische Idee, als Diplomarbeit gleich selber ein kleines Stück Land zu finden, dort ein Lehmhaus zu bauen, einen Garten anzulegen und damit zu versuchen ein weitestgehend unabhängiges Leben zu realisieren und dieses Projekt dann dokumentieren. Das wären aber gleich mehrere Projekte in einem gewesen, wobei nur eines davon – die Dokumentation – für mein Diplom relevant gewesen wäre. Organisation, Planung, Bau, das Anlegen des Geländes und eine komplette, detaillierte Dokumentation wären in einem halben Jahr Bearbeitungszeit einfach nicht zu schaffen gewesen.
Durch das eigene, starke Interesse an diesem Lebensstil und der Motivation selber ein mal in diese Richtung zu gehen, beschloss ich schließlich mich erst einmal auf die Suche nach Menschen zu begeben die bereits diesen Weg eingeschlagen haben. Ich wollte mir nicht nur anschauen, was sie erreicht haben und sie dann rein dokumentarisch in ihrem Umfeld zeigen; ich wollte auch wissen, wie sie an den Punkt gekommen waren an dem sie jetzt stehen, aus welcher Motivation heraus sie gehandelt haben und mit welchen Mitteln sie diese Unabhängigkeit erreicht haben.
Erst hatte ich vor, einen umfassenden Querschnitt von allen in irgendeiner Art und Weise von der sogenannten Norm abweichenden Lebensweisen aufzuzeigen und sie nach diesen Aspekten zu befragen, was sich schnell als bodenloses Fass entpuppte. Die konkrete Linie ergab sich im Grunde erst nach meiner ersten Reise nach Bramsche bei Osnabrück.
Der Grüne Gräser e.V. war mir bereits bei meiner Recherche aufgefallen. Auf der Website des Vereins sah ich, das dort bald eine „Sommerakademie der Permakultur“ und dort viele kleine Projekte stattfinden sollten. So kam ich mit dem Projekt in Kontakt, lernte, was Permakultur eigentlich bedeutet, erfuhr das es eine Permakultur Akademie in Deutschland gibt, hörte das erste Mal vom Jurtenbauer Claudius Kern und bekam viele weitere Anregungen für mein Thema und vor allem weitere Reiseziele, aus denen sich nun mein Buch zusammensetzt.
Als ich dann als nächstes bei der Naturwert-Stiftung im Allgäu ankam, wurde mir schon klarer worum es mir eigentlich ging. Nico aus Bramsche hatte mir schon erklärt, das es bei der Permakultur nicht nur um eine permanente Landwirtschaft geht, sondern es vor allem um das Schaffen einer permanenten Kultur, im vollen Sinne des erweiterten Kulturbegriffs geht.
Ich hatte nun schon das zweite Projekt gefunden, wo Menschen, wenn auch in den Ansätzen sehr unterschiedlich, ganz konkret versuchten eine andere Lebensweise zu leben. Sie haben nicht nur nachhaltige Modelle der (Selbst-)Versorgung sondern auch des Zusammenlebens, der Arbeit und der Ökonomie gefunden.
Es sind Experimente, in denen am Leben an sich und als Ganzes, in allen Abschnitten und mit allen Bedürfnissen geforscht wird.
So wie das Thema an sich ein ganzheitliches ist, wollte ich auch mit meiner Fotografie und den persönlichen Geschichten jedes Einzelnen ein ganzheitliches Bild der Menschen zeichnen. Nicht nur weil ich nun irgendeine Diplomarbeit abzugeben hatte, sondern weil es mich selber interessiert hat, ich selber lernen wollte.
Dieses Buch ist also keine Bestandsaufnahme über alternatives Leben in Deutschland. Es ist auch kein Panorama der deutschen Permakultur, denn hier ein umfassendes Bild zu liefern würde den Rahmen sprengen und ist angesichts der Lebendigkeit dieser Bewegungen wahrscheinlich auch ein unmögliches Unterfangen. Was hier vorliegt ist vielmehr eine Sammlung von Geschichten und Erfahrungen. Die porträtierten Menschen erzählen in den hier abgedruckten Fotografien und Interviews über sich, die Gemeinschaft, ihre Ziele und Ansichten, ihre Träume und Vision; ihr Leben.
Ich hoffe, dass dieses Buch nicht nur zum schmökern und schauen einlädt, sondern auch Anregungen geben kann, die persönliche Lebensweise und die Möglichkeiten für diese in einem anderen Licht zu sehen.